Fünf Tipps an Autor*innen

Symbolbild BücherFoto: congerdesign CC0 Creative Commons

Neulich lag ich im Bett und habe darüber nachgedacht, was mich immer wieder an Büchern stört. Herausgekommen ist diese Liste mit fünf Punkten. Ich habe die einzelnen Punkte verhältnismäßig knapp gehalten und bin nicht darauf eingegangen, wieso es so einladend ist, bestimmte Fehler zu machen. Entscheidend ist, dass es in den allermeisten Fällen Eure Geschichten wesentlich besser macht, wenn Ihr diese Punkte beherzigt. Das ist der Auftakt meiner neuen Kolumne „Gedankenfunken„, die sich mit ganz unterschiedlichen, aber überwiegend buchigen Themen beschäftigen wird.

1. Fasst Euch kurz!

Es ist nicht per se ein Qualitätsmerkmal, wenn Eure Geschichte besonders lang ist. Es kann sein, dass die Komplexität der Story einen großen Umfang erfordert. Oder viele PoVs eine Einführung benötigen. In den meisten Fällen liegt es aber daran, dass sich Dinge wiederholen. Da werden x-Fluchtversuche unternommen oder es kommt zahlreiche Male fast zum Kuss. Ihr müsst den selben Punkt nicht wieder und wieder machen. Einmal ihn gut machen reicht völlig aus!

Im Gegenteil, wird etwas zu oft gemacht, verwässert Ihr meistens die Geschichte. Denn offensichtlich lernt die Hauptperson einfach nicht dazu, so dass sie sich immer wieder in denselben Situationen wiederfindet. Wenn das die Absicht Euer Darstellung ist, okay. Meistens aber wird die Geschichte so nur unnötig in die Länge gezogen, ohne dass etwas nennenswertes zu ihr beigetragen wird. Ich möchte mit jeder Szene überrascht werden und nicht vorhersagen können, wie es weitergeht. Wenn Eure Geschichte dann insgesamt nur dreihundert Seiten hat, ich diese aber verschlungen habe, ist das vollkommen in Ordnung!

2. Sinnvoller Einsatz von PoVs

Verschiedene Point-of-Views können toll sein, aber nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Jeder PoV sollte einzigartig sein und allein an der Art zu denken erkennbar sein. Dazu müsst Ihr natürlich jeden Charakter mit PoV eine einzigartige Erzählstimme verpassen. Wenn ich nur anhand des Hinweis zu Beginn des Kapitels zuordnen kann, aus welcher Perspektive wir grad das Geschehen verfolgen, läuft etwas schrecklich verkehrt. Natürlich ähneln sich Protagonisten, aber wenn sie nicht grad Klone voneinander sind, sollte es Unterschiede in Denkmustern und Verhaltensweisen geben!

Sinnvoll ist zudem ein solcher Einsatz nur, wenn regelmäßig etwas zur Geschichte durch diesen PoV beigetragen wird. Wenn Ihr den nur zur Darstellung des Ablebens des ursprünglichen Hauptcharakters braucht, ist ein zusätzlicher PoV völlig unnötig und die meisten Leser*innen ahnen früh, warum da jetzt ein neuer PoV eingeführt wurde. Ein neuer PoV sollte abweichende Sichtweisen auf das Geschehen mitbringen, anderes Hintergrundwissen besitzen und eine andere Entwicklung als der erste PoV durchmachen. Wenn die Geschichte die meiste Zeit ohne den zusätzlichen PoV genauso gut funktioniert, braucht es ihn nicht und Ihr solltet für die fraglichen Stellen ein anderes Stilmittel wählen.

3. Entwickelt eine komplexe Kultur

Ich lese immer wieder, wie toll doch der Weltenbau in einem Buch gewesen sei, während ich nur den Kopf schütteln kann. Da wurde ein exotisches Namenssystem eingeführt, es gibt zwei Völker mit unterschiedlichen ethnischen Merkmalen eingeführt und zusätzlich beten die verschiedene Götter an, fertig ist das Ding? Mitnichten. Wenn ich noch einmal als Kern-Charakterisierung lese, dass das dominante Volk hellhäutig und kriegerisch ist, während das unterdrückte Volk dunkelhäutig und gelehrt ist, schreie ich!

Ansatzpunkte wären da zum Beispiel: Welche kulturellen Unterschiede gibt es zwischen den Völkern, zum Beispiel was die Stellung der Frau angeht? Es kann ja zum Beispiel sein, dass es die Aufgabe der Frau ist, alles Schriftliche zu übernehmen, während Männer gar nicht schreiben können. Vielleicht ist mit der linken Hand zu arbeiten göttlich gesegnet? Oder die Bartlänge sagt etwas über die Stellung des Mannes in der Gesellschaft? Oft genug scheitert der Weltenbau schon an so kleinen Details, wie das keine eigenen Gebete und Flüche für die jeweiligen Völker entwickelt werden.

4. Erklärt nur das, was zum jeweiligen Zeitpunkt dringend nötig ist!

Immer noch wird leider zu gern am Anfang der Geschichte ein großes Info-Dumping durchgeführt, damit wir Leser*innen auch wirklich das nötige Wissen für die Geschichte haben. Natürlich können und sollen Eure Protagonisten gelegentlich reflektieren, aber bitte nicht mitten in einer Actionszene, die dadurch unendlich langsam wird. Ich bezweifle, dass die voller Adrenalin wirklich den Kopf frei für tiefschürfende Gedanken haben. Wenn die ersten hundert Seiten nur so dahinplätschern, weil die Protagonisten in Gesprächen für sie banale – für die Leser*innen aber interessante – Informationen austauschen,  entwickelt die Handlung schnell unnötig Ladehemmungen. Denn eigentlich wird nur darauf gewartet wird, dass es endlich mal richtig losgeht.

Wenn Eure Charaktere zu Beginn der Handlung also einen Überfall begehen, lasst sie nicht dreißig Seiten darüber nachdenken, was sie hierher geführt hat. Das kann noch alles das Überfall-Opfer andeuten, während Ihr es entführt. Grundlegende Geographiekenntnisse sollten ebenfalls bei den Beteiligten vorhanden sein, also wartet auf eine sinnvolle Gelegenheit im Buch, wo es sich lohnt, darüber zu sprechen. Oder packt vorne ins Buch eine Karte! Und auch wenn ein Märchen später bedeutsam für die Handlung wird, müsst Ihr das nicht unbedingt in den ersten Kapiteln unterbringen, eine Andeutung auf die Sage reicht für den Anfang.

5. Nur so viele Teile wie nötig!

Ich weiß, dass Trilogien aus Marketing-Sicht ihren Charme haben. Auch finanziell ist es für Autor*innen sehr reizvoll, einen Vertrag über mehrere Bücher abzuschließen. Es gibt bei vielen Reihen Fans, die alles verschlingen, was zu einer bestimmten Geschichte veröffentlicht wird.  Aber bitte überlegt Euch wirklich vorher, ob die Handlung überhaupt so viel Stoff hergibt. Es gibt so viele starke erste Bände, die einen schwache Fortsetzung bekommen haben, weil offenbar noch einiges für den abschließenden dritten Teil aufgespart werden musste. Oft genug fällt auch dieser ziemlich schmalbrüstig aus.

Da ist es aus meiner Sicht wesentlich sinnvoller, wenn Ihr Band 2 und 3 zusammenführt. Anstatt in beiden Büchern möglichst viele Nebenhandlungen aufzumachen und „am besten“ ein love triangle einzuführen, damit es nicht so auffällt, dass die Haupthandlung nur etwa hundert Seiten ausmacht. Dann wird es halt eine sehr kompakte Dilogie, ich kann daran nichts schlechtes erkennen. Wenn Ihr bestimmte Nebengeschichten unbedingt erzählen wollt, dann veröffentlicht doch ein E-Book, dass sich Interessierte herunterladen können. Wenn Eure Geschichte richtig eingeschlagen hat, werden viele Leser*innen es gerne tun. Währenddessen bleiben auch Menschen an Euren nächsten Büchern interessiert, die vor allem Wert auf eine packende Handlung legen.

Welche Tipps habt Ihr an Autor*innen?

7 Kommentare

  1. Liebe Elena,

    danke für den Beitrag, den ich im Wesentlichen nur zustimmen kann. Gerade das unnötige in die Länge ziehen ohne inhaltlichen Mehrwert finde ich nervig – meinem Eindruck nach tritt das oft in Verbindung mit den Reihen auf, was schnell den Eindruck der reinen Geldmacherei erweckt. Um Reihen mache ich unter anderem auch deswegen seit ein paar Jahren oft einen großen Bogen.
    Was das World Building betrifft, stört mich das von dir genannte per se nicht bzw. stört es mich nicht, wenn der Rest überzeugen kann. Grundsätzlich stimme ich dir aber zu, dass zum World Building mehr gehört als ausgefallene Namen und das bloße Übertragen „unserer“ Welt auf fiktive Welten. In einer anderen Welt darf auch gerne mal etwas ganz anders sein und mit Unkoventionellem experimentiert werden. Damit einhergeht geht auch deine Kritik an den drögen Erklärungen. Es heißt nicht umsonst: „Show, don’t tell.“ Natürlich bedarf manches mehr Erläuterung, aber ich möchte die Welt gerne nebenbei kennenlernen und nicht das Gefühl haben, in einer Vorlesung zu sitzen.

    Was mich grundsätzlich auch stört, ist, wenn Autoren krampfhaft versuchen witzig zu sein, sich ausgelutschten Topoi bedienen oder etwas passiert/ eine Figur auf eine Weise handelt, das/die im Kontext der Geschichte einfach nicht schlüssig ist und daher wirkt, als wollten die Autoren jetzt einfach schnell eine Lösung haben, ein Ende herbei“zaubern“.

    Ich glaube, je mehr man grübelt, desto mehr Dinge fallen uns Leserinnen und Lesern ein. Aber nicht immer ist die Kritik nur an die Autoren zu richten – gerade was das Format der Buchreihen betrifft, steuern auch die Verlage nicht selten in Richtung der ausgetretenen Pfade.

    Liebe Grüße
    Kathrin

    • Liebe Kathrin,

      danke, dass du dich mit deinen Beitrag so ausführlich auseinandergesetzt hast.

      Humor ist oft ein schwieriges Thema, plump funktioniert für mich meist gar nicht, ich mag es sarkastisch. Und ja, viel zu oft fällt ein Charakter auf einmal aus der Rolle, damit das mit dem Ende funktioniert.

      Viele Probleme entstehen tatsächlich auch durch den Einfluss der Verlage erst, wenn da dann zum Beispiel noch mehr Romantik rein muss. Und bei den Buchreihen setzen die Verlage gern auf „bewährtes“, weil sich Serien besser abschätzen lassen. Angeblich, denn ob das in der Praxis so wirklich stimmt …

      Liebe Grüße
      Elena

      • Hallo Elena,

        ui, ja, die Romantik, die so gar nicht zur Geschichte passt bzw. überflüssig ist und vorkommt, weil sich der Verlag davon mehr Absatz oder positiveres Feedback erhofft. -.- Ich bin mittlerweile tatsächlich immer froh, wenn ich ein Buch lese, dass gänzlich ohne irgendwelche Romanzen oder Herzschmerz auskommt und sich auf den Kern der Handlung oder die Charakterentwicklungen konzentriert.

        Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!
        Kathrin

  2. Also gerade wenn Bücher sich ziehen finde ich das echt schrecklich. Ich brauche Bücher die schnell an Fahrt aufnehmen und die Spannung dann halten, ansonsten quäle ich mich da eher durch und breche die im schlimmstenfall auch irgendwann ab. Den letzten Band von „Die Bestimmung“ fand ich deshalb so schlimm. Ich weiß , viele mögen ihn, aber da haben sich die Ereignisse auch wiederholt, man ist immer wieder um das gleiche Problem herumgeeiert und in der ersten Hälfte passiert nicht viel. Das Ende war dann zwar ungewohnt für ein Jugendbuch, aber so richtig das Ruder herumreißen konnte man für mich das dann nicht mehr. Auch der einsatz der Povs war da echt schlecht. Man hat zwar aus zwei Sichten gelesen ,aber ohne hinweis hätte ich die gar nicht auseinanderhalten müssen. Deshalb kann ich den Punkt von dir auch extrem gut nachvollziehen. Gibt nichts nervendes als im Kapitel noch zurückblättern zu müssen, um zu schauen welche Sicht das noch mal war.

    Liebesdreiecke nehmen mir gerade generell zu viel überhand. Das findet man ja leider in jedem Jugendbuch im Fantasy Bereich und davon bin ich dann doch dezent genervt, auch wenn ich per se ab und an nichts dagegen habe sowa zu lesen. Aber wenn es einem halt dann nur noch begegnet ist es der overkill.

    Eine Welt sollte sowieso generell gut ausgearbeitet sein. Da ich bisher doch noch etwas hinterhänge ewas Fantasy anbelangt, habe ich viele der gehypten Werke noch gar nicht gelesen. Aber gerade die Ausarbeitung der Welt war bei Harry Poter das was mich am meisten beeindruckt hat. Da hat man einfach die Detailverliebtheit gesehen und es wurde so ein rießiges Universum gesponnen, das fand ich klasse.

    Echt ein toller Beitrag, wo ich dir in allen Punkte nur zustimmen kann.

    • An „Allegiant“ habe ich zugebenermaßen unter anderem beim Schreiben gedacht, auch wenn ich das Buch nie gelesen habe. Aber die Rezensionen waren da ja ziemlich einhellig und ich fand „Insurgent“ schon bescheiden …

      Bei den Liebesdreiecken stört mich vor allem, dass die fast immer nach dem folgenden Muster aufgezogen werden: Protagonistin wird Ende des ersten Bandes oder Anfang des zweiten Bandes von ihren Herzblatt Nr. 1 getrennt und landet an einem anderen Ort. Dort lernt sie dann Hezrblatt Nr. 2 kennen. Am Ende von Band 2 oder am Anfang von Band 3 taucht dann Herzblatt Nr. 1 wieder auf und dann dauert es einen Band lang, bis sich unsere Protagonistin entscheiden kann und die Typen warten derweil leidend ab *headdesk*

      Gegen „richtige“ Fantasybücher kommen die meisten YA-Bücher sowieso nicht an, aber es ist echt erschreckend, wie wenig Mühe sich die Autor*innen geben müssen, damit ihr Worldbuilding gefeiert wird …

  3. Einige dieser Dinge stören mich auch immer wieder bei Büchern.

    Dass mir Bücher zu sehr in die Länge gezogen zu sein scheinen, fällt mir besonders häufig bei Büchern von bekannten AutorInnen auf. Stephen King, J.K. Rowling, Frank Schätzing, George R.R. Martin, …
    Ich frage mich dann immer, ob aufgrund des bekannten Namens weniger gründlich lektoriert wird oder ob es in diesen Fällen darum geht, die Bücher möglichst schnell publizieren zu können.

    Das mit dem Worldbuilding ist etwas, womit ich oft große Probleme habe, aber ich weiß auch, dass ich in dieser Hinsicht besonders pingelig bin. Das hängt einfach damit zusammen, dass ich selbst eine solche Freude am Weltenbasteln habe und daher stört es mich umso mehr, wenn ich das Gefühl habe, dass lieblos ein wenig Hintergrund zusammengeklatscht wurde.

    Was mich in Büchern immer wieder nervt, ist, wenn Nebenfiguren „vergessen“ und/oder Nebenplots nicht aufgelöst werden. Das passiert vielleicht häufiger bei mehrbändigen Werken, aber auch Stand-Alones sind davor nicht gefeit.

    • Ich glaube ja, dass da auch die Devise gilt: Je mehr Umfang, desto besser. Qualität scheint nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Wenn dann die hundert Seiten rumeiern, bevor es überhaupt mal losgeht, rausgenommen würden, wären die Bücher schnell eine ganze Ecke kürzer. Da aber viele Käufer*innen mehr Seiten für besser halten, da sie so „mehr“ für das Geld bekommen …

      Ja, dass du da sehr anspruchsvoll bist, habe ich schon mitbekommen *grins* Bin zwar nicht so pingelig, aber finde auch, dass oft genug durchkommt, dass Autor*innen selbst nicht zu wissen scheinen, wie groß nun die einzelnen Länder sind usw …

      Oh ja, so manche Nebenfigur geht auch mal irgendwo „verloren“, das ist natürlich immer schade. Fällt mir aber zugebenermaßen seltener als die oben aufgeführten Sachen auf.

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